Wenn Hunde Wild hetzen und jagen

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Jeder Hundebesitzer ist bestrebt, seinen Hund frei laufen zu lassen. Es sei denn, rechtliche Anordnungen sprechen dagegen, wie etwa Leinenpflicht für bestimmte Rassen. Freilaufende Hunde sind glücklich, manchmal zu glücklich, haben sie doch eine Fährte aufgenommen oder Wild steht gar in Sichtweite. In aller Regel ist der Hund  weg und lässt seinen Besitzer hilflos im Wald stehen. Alles rufen hilft nichts.

 Manche Hunde jagen hinter allem her, was sich bewegt. Manchmal braucht er Sichtkontakt oder er bekommt „Wind“. Dieser Jagdtrieb ist nur schwer kontrollierbar. Bei dem hinterher laufen werden bei dem Hund Glückshormone freigesetzt, die ihn in einen Glückszustand versetzen. Hat ein Hund einmal gejagt, wird er es immer wieder tun. Was für den Hund wunderschön ist, ist es für das Wild nicht. Ein Reh zum Beispiel ist kein Langstreckensprinter. Auch wenn der Hund es nicht erwischt, kann es nach der Hatz immer noch an Stress zu Grunde gehen. Es gibt auch Gefahren im Wald wie Kulturzäune, die ein Verletzungsrisiko für beide darstellen, oder Straßen in der Nähe. Weder das Reh auf der Flucht noch der Hund im Glückstaumel, werden auf den Straßenverkehr achten. Auch eine Hatz im Winter kann fatale Folgen haben. Der Energiehaushalt der Wildtiere ist nicht so hoch wie in anderen Jahreszeiten.

Ein „Sprung“ Rehe im Winter

 

Der Hundehalter muss seinen Vierbeiner genau kennen. Er muss an dem Verhalten des Hundes ablesen können, was er gerade ausheckt. Schnüffelt er nur am Urin eines anderen Hundes oder nimmt er gerade eine Fährte auf. Auch ohne Leine sollte der Hund seinen Bewegungsradius nicht verlassen. Verlässt er ihn dennoch, ist eine Pfeife wirkungsvoll, sofern der Hund das gelernt hat. Hebt der Hund eine Vorderpfote, so wie Vorstehhunde das machen, zeigt er an, dass er etwas entdeckt hat. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass in diesem Moment nicht schreien oder brüllen angesagt ist, sondern flüstern. Da sind wir wieder bei dem Bewegungsradius. Durch jahrelanges Training verharrt der Hund wie in einer Bewegungsstarre und schaut sich das Wild nur fasziniert an. Nicht brüllen und schreien hat auch den Vorteil, dass äsendes Wild nicht aufgeschreckt wird. Es könnte flüchten und der Hund versteht gerade etwas anderes.

 

Es gibt auch die ewig gestrigen. Für sie wurden Richtlinien und Gesetze erlassen

1. Jagdrecht: Bereits das freie Laufenlassen von Hunden im Jagdbezirk mit der potentiellen Gefahr der Wilderei ist eine Ordnungswidrigkeit gem. § 55 Abs. 2 Nr. 8 Landesjagdgesetz NRW, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000,00 € bedroht ist.

Die dadurch entstehende Störung des Wildes ist eine weitere Ordnungswidrigkeit nach § 19a BJagdG und gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 BJagdG mit einer Geldbuße bis zu 5.000,00 € bedroht; § 39 Abs. 3 BJagdG.

Anzuzeigen ist die Ordnungswidrigkeit bei der zuständigen unteren Jagdbehörde, die bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt sind.

2. Ordnungsrecht

Gem. § 2 Abs. 2 LHundG NRW sind Hunde so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Der Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 LHundG NRW dar, der mit einem Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 € bedroht ist; § 20 Abs.  3 LHundG; außerdem kann im Falle des Verstoßes der Hund eingezogen werden; § 20 Abs. 4 LHundG.

Hunde, die Wild reißen, sind nach § 3 Abs. 3 Nr. 6 LHundG NRW als gefährlich einzustufen. Die Haltung eines gefährlichen Hundes bedarf der Erlaubnis nach § 4 LHundG NRW, die an bestimmte Voraussetzungen, u.a. einen Sachkundenachweis im Sinne des § 6 LHundG NRW geknüpft sind. Zudem gilt für gefährliche Hunde eine Leinen-und Maulkorbpflicht sowie die Pflicht, eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen; § 5 LHundG NRW.

Anzeigen wegen Verstößen gegen das Landeshundegesetz sind beim zuständigen Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde zu erstatten.

3. Strafrecht

Bereits das Nachstellen des Wildes durch den Hund erfüllt den Tatbestand der Jagdwilderei, wobei der Täter der Hundehalter ist, des sich des Tatwerkzeugs „Hund“ bedient. Es liegt regelmäßig nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat nach § 292 StGB (Wilderei) vor, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird; in besonders schweren Fällen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren.

Schließlich ist der Jagdschutzberechtigte ermächtigt, wildernde Hunde zu töten (§ 25 Abs. 4 Nr. 2 LJG NRW); von dieser Möglichkeit sollte jedoch nur in absoluten Ausnahmefällen und nur als allerletzte Lösung Gebrauch gemacht werden, wobei zu beachten ist, dass die Beweislast dafür, dass der Hund gewisser Tat, beim Jagdschutzberechtigten liegt.

Anzeige wegen Jagdwilderei ist bei jeder Polizeidienststelle oder der zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen.

4. Zivilrecht

Unabhängig von den straf– und ordnungsrechtlichen Vorschriften stellt das Nachstellen und Hetzen, erst Recht das Töten von Wild durch einen Hund einen rechtswidrigen Eingriff in das Jagdausübungsrecht dar. Beschränkt sich die Tathandlung auf Nachstellen oder Hetzen des Wildes, so besteht ein Unterlassungsanspruch; kommt Wild hierbei zu Schaden, so ist für das getötete Wild zudem Schadenersatz zu leisten. Das Argument, Wild sei herrenlos, greift nicht, da hier nicht das Eigentum, sondern das Jagdausübungsrecht als besitzgleiches Recht betroffen ist.

a) Unterlassungsanspruch

Dem Jagdausübungsberechtigten steht damit zunächst ein Unterlassungsanspruch dahingehend zu, dass der Hundehalter es zukünftig zu unterlassen hat, seinen Hund unangeleint im Jagdbezirk zu führen bzw. unkontrolliert laufen zu lassen, um sicherzustellen, dass sich ein derartiges Ereignis nicht wiederholt. Der einmalige Verstoß indiziert regelmäßig die Wiederholungsgefahr, so dass bereits bei einem einmaligen Verstoß ein Unterlassungsanspruch besteht.

b) Schadenersatz

Kommt Wild zu Schaden, ist auch Schadenersatz in Geld zu leisten. Nach der grundlegenden Entscheidung des Landgerichts Trier (Urteil vom 21.06.2005, Az. 1 S 183/04) ist für getötetes Wild der Zuchtwert zu ersetzen, den das Gericht im Falle eines Rehs auf 680 € zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %, insgesamt 809,20 € festgelegt hat. Zu ersetzen ist ebenfalls der weitere Aufwand für die Bergung und Entsorgung des Wildes. Nicht zuletzt hat der Schädiger die anfallenden Rechtsverfolgungskosten zu tragen, so dass hier schnell eine Summe in vierstelliger Höhe erreicht wird.  RA Geotg H. Amian

 

Wenn in diesen Gesetzen und Verordnungen von Jagdbezirk die Rede ist, sei darauf hingewiesen, dass es in Deutschland keinen Quadratmeter Fläche gibt, der nicht dem Jagdrecht und somit einem Jagdbezirk unterliegt. Auch der hauseigene Garten fällt darunter. Schon das Aufscheuchen von Vögeln oder das buddeln nach Mäusen fällt unter den Begriff des Jagens. Das Jagdrecht ist Ländersache. Es kann in den einzelnen Bundesländern Abweichungen geben. Wer in ein anderes Bundesland fährt, sollte sich über das Jagdrecht sowie über die dortige Hundeverordnung informieren. Das gilt selbstverständlich auch für Auslandsreisen.

 

 

 

Fotos: pixabay.com

 

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